Aegidienberger

Pferde zweier Welten

Die Geschichte des Aegidienbergers beginnt Anfang der 70er Jahre. Damals fasste Walter Feldmann senior den Plan, ein Pferd zu züchten, das bei sicherer Töltveranlagung größer und eleganer als das Islandpferd und auch im Sommer klimaresistent sein sollte. Wichtig war, dass die Widerstandsfähigkeit und der einwandfreie Charakter des Isländers erhalten blieben.

In einem Brief an Freizeit im Sattel brachte Walter Feldmann 1987 das Aegidienberger-Zuchtziel auf den Punkt: „Angestrebt wird ein eleganter, leichtrittiger Naturtölter mit einwandfreiem Charakter, Nerv und Energie. Die Pferde sollen in jeder Kreuzungsstufe ungezwungen an der Hand tölten und werden anderenfalls von der Weiterzucht ausgeschlossen.“

Tölt heißt klarer Viertakt mit viel Bewegung und Raumgriff. Taktverschiebungen wie z.B. der Sobreandando (Passverschiebung im schnelleren Tölt der Pasos) werden nicht akzeptiert. Eleganz bedeutet Schönheit nicht nur im Sinne klassischer Materialbeurteilung. Korrekte Linien bei ansonsten reizloser Optik reichen nicht aus. Vielmehr werden attraktive Pferde mit schöner Mähne, guter Aufrichtung, stolzer und edler Erscheinung angestrebt. Aegidienberger sollten deutlich größer sein als Islandpferde. Regulierbares Temperament, Tempomöglichkeiten und stabiles Fundament sind ebenso erwünscht wie Leistungsbereitschaft, Ausdauer und problemlose Haltungsmöglichkeit.

Als ich vor Jahren zur Vorbereitung eines Artikels mit Walter Feldmann senior über seine Zuchtidee sprach, verriet er mir, dass er ursprünglich an die Anpaarung von Islandpferden und Friesen gedacht hatte. „Ich saß hier auf der Terrasse“, erzählte er, „und da kam eines unserer schönen großen Pferde in wunderbarem Trab vorbei. Elegant sah das aus. Und ich dachte: So ein elegantes Pferd müsste man haben, mittelgroß mit dem Charakter, dem Tölt und dem Fundament des Islandpferdes, das wäre es. Und da der Friese diese schöne Mähne hat, stabil und dennoch elegant ist und einen tollen Trab besitzt, dachte ich: Friesen und Islandpferde kreuzen, das sollte man versuchen.“ Dieser ursprüngliche Plan scheiterte jedoch, da man mit den holländischen Züchtern, die über die besten Hengste verfügten, nicht einig werden konnte. Die Alternative war eine Kreuzung von Islandpferden und Peruanischen Pasos.

Diese südamerikanischen Gangpferde zeigen sicheren Tölt und überzeugen durch geradezu sprichwörtliche Kooperationsbereitschaft mit dem Reiter. Walter Feldmann senior schrieb dazu: „Die Idee, Island-Pferde mit Caballo Peruano de Paso zu kreuzen, wurde in Peru von Walter Feldmann senior und junior beim Besuch der Peruanischen Meisterschaften in Lima geboren. Hier sah man leichtrittige, exzellent töltende Pferde, mit viel Adel, Aktion und Temperament, die aber dem Islandpferde gewohnten Reiter zu wenig Geschwindigkeit boten. Dies war einer der Gründe des Kreuzungsversuches, durch Einschränkung des Terminos mehr Geschwindigkeit zu erreichen. Es gab noch mehrere Gründe, Töltverbesserung hier, Fundamentverbesserung da, Hitzetoleranz, Robustheit, Leichtrittigkeit, Größe usw. usw. Man entwickelte ein Zuchtprogramm, welches als Endziel hatte, die positiven Points beider Rassen zu vereinigen.“

In Abstimmung mit dem Rheinischen Pferdestammbuch und in Zusammenarbeit mit der Universität Bonn begann Anfang der 80er Jahre im Gestüt der Aegidienberger Zuchtversuch, der eine der attraktivsten Gangpferderassen hervorbrachte. 1994 wurden die Aegidienberger als Rasse offiziell anerkannt.

Schon in der Anfangszeit brachte die Aegidienberger-Zucht vielversprechende Pferde hervor. Es standen erstklassige Hengste wie der Paso Peruano El Paso oder die Islandpferde Vörður frá Kýrholti und Hrafn von Aegidienberg zur Verfügung. Auch wurden nur die besten Zuchtstuten eingesetzt, was für die Züchter ein hohes wirtschaftliches Risiko bedeutete. Zahlreiche Erfolge bei Meisterschaften im Gangreiten und schnell wachsende Beliebtheit bei Freizeitreitern zeigten, dass die Zucht einen guten Anfang genommen hatte.